Working Cocker Spaniel aus Deutschland | kleinstadthunde.de
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Und? Wie ist das Leben so mit einem Working Cocker Spaniel? Durch und durch Arbeitstier und non-stop-action?

Dieser Artikel ist Teil 2 von 4 in der Artikelserie Working Cocker Spaniel

Als Skadi bei mir einzog, habe ich recherchiert welche Rassen wohl in ihr stecken könnten. Ich dachte, dass würde mir dabei helfen, sie und ihre Verhaltensweisen besser zu verstehen. Immerhin war sie damals kein einfacher Hund. Während dieser Recherchen bin ich auf den Working Cocker gestoßen. Damals passte der Phänotyp zu Skadi. Das war vor ihrer Kastration. Und seither gilt Skadi bei mir als Cocker Mischling. Und ich habe den Working Cocker Spaniel kennen und lieben gelernt. Und es stand damals, 2013, schon fest, das der nächste Hund ein WCS werden wird.

Damals war die Rasse hier in Deutschland so gut wie unbekannt. Man hörte von ihnen, ja, aber richtig kennen gelernt, so von Angesicht zu Angesicht, hatte zu der Zeit kaum jemand einen. Ich hatte mich also schon darauf eingestellt, diese Hunde in ihrem Ursprungsland Großbritannien kennenzulernen und dann auch einen Hund zu importieren. Der Behördenkram ist allerdings immens. Jedenfalls empfinde ich das so. Zum Glück ist die Rasse im Laufe der Zeit hier in Deutschland auf dem Vormarsch gekommen und ich habe eine Züchterin gar nicht mal so weit weg von mir gefunden. Das war 2015. Und in 2020 ist dann mein erster, eigener Working Cocker Spaniel bei mir eingezogen.

Als einige andere Hundehalter von meinen Plänen erfuhren, einen WCS zu kaufen, waren viele geschockt. Sowohl in Foren, Facebook als auch Instagram. Fast alle finden, dass diese Hunde super anspruchsvoll seien, wahre Arbeitstiere sind die nur schwer ruhig zu bekommen seien und überhaupt – die Zucht mit allem drum und dran in Deutschland eine Sache für sich sei.

Zum züchterischen Aspekt kann und will ich (noch) nichts sagen. Da bin ich einfach nicht so im Thema drin und ich bin mir sicher, dass die Zeit zeigen wird wohin es mit der Zucht der Working Cocker Spaniel in Deutschland – die im Prinzip nichts anderes als English Cocker Spaniel sind und so auch in den Zuchtbüchern geführt werden – geht.

Und nun die Frage aller Fragen: habe ich ein Arbeitstier Zuhause? Ein Hund, der permanent Beschäftigung braucht? Einen mega anspruchsvollen Hund? Ein Hund, der zum Teufel wird?

Kurz und knapp: Nope.

Auch wenn es Halter von WCS gibt, die ihren eigenen Hund als “Teufel” im Netz bezeichnen und der WCS nach deren Beschreibung her sich manchmal in einen Werwolf verwandelt und kaum in ein normales Familienleben zu integrieren sei. Ich weiß nicht, warum man sowas behauptet (weil man ein so toller Hundehalter ist und trotz allem mit so einem Hund klar kommt?) aber ich kann von Eve behaupten, dass sie kein Teufel ist, kein Werwolf, keine tickende Zeitbombe, kein non-stop-Adrenalinhäschen, kein Hund, der immer was zu tun haben will ist.

Das Zusammenleben mit Eve ist anders als mit Inuki und Skadi. Skadi ist die Couchpotato bei uns. Ihr würden tatsächlich 3 Spaziergänge am Tag um den Block genügen solange sie dann aber wieder auf die Couch darf. Inuki dagegen war immer mein Sporthund. Der, der immer mit mir aktiv war. Der Spaß am lernen hatte. Ich glaube allerdings, wenn Skadi eine gute, fördernde Aufzucht gehabt hätte und von Anfang an bei mir gewesen wäre (sie kam erst mit knapp 6 oder 8 Monaten zu mir und ist relativ reizarm in Bulgarien aufgewachsen), so hätte sie einen ganz anderen Bezug zum Hundesport und würde es als Spaß empfinden, zusammen mit mir Dinge auszuprobieren und selber mitzudenken.

Und so wie ich glaube, dass man durch gezielte frühe Förderung und entsprechender Prägung einen Hund zur Couchpotato machen kann oder eben auch zur Sportskanone, so denke ich, kann man auch einen WCS beibringen, wann Familienleben ansteht und wann es Zeit ist, den Teufel raus zu holen 😉

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Eve ist ein Working Cocker Spaniel der …

Eve ist ein Hund, der sehr Reizoffen ist, wenig Geduld und Impulskontrolle hat und von sich aus in aufregenden Situationen schlecht zur Ruhe kommt. Das bedeutet, das meiner Meinung nach im ersten Jahr sowohl Auslastung anstehen sollte aber viel viel viel mehr Ruhe. Die Meinung, Arbeitshunde komplett runter zu fahren und nur sehr dosiert neuen, fremden Reizen auszusetzen, teile ich nicht. Ich finde, die Waage sollte auf Seiten der Ruhe nur etwas tiefer hängen als auf Seiten der Auslastung.

Diese Erfahrung habe ich jedenfalls bei Eve gemacht. Am Anfang kam sie Abends schlecht zur Ruhe und ist total aufgedreht. Anstatt das Pensum weiter runter zu fahren über den Tag, sind wir Abends noch eine kleine Runde mit ihr gelaufen und siehe da, danach schlummerte sie seelig ein. Während der Arbeit (ich bin ja im Home Office und war es auch während der ersten Wochen mit Eve) war es aber manchmal schon hart. Zwischen der 10. und 19. Woche ist sie richtig aufgeblüht und war immer in Bewegung, hatte immer was zu tun, wollte was tun. Welpen halt. Gezieltes Deckentraining hat uns geholfen.

Eve ist aber auch ein Hund, der die Ohren immer auf Empfang hat damit sie mich bloß nicht überhört. Das bedeutet, der Rückruf ist Bombe für ihr Alter. Sie ist sehr leichtführig und will immer gefallen. Sie ist auch immer sofort bereit mit mir zu Arbeiten. Sie kann schlafen wie ein Bär im Winter, wenn ich sie dann aber anspreche ist sie hellwach, als würde ein Korken aus der Sektflasche knallen. Gleichzeitig ist sie aber auch super sensibel. Eine sogenannte “strenge-” oder “harte Hand” braucht sie nicht. Will sie nicht. Gute Laune und Motivation reichen bei ihr vollkommen zur Mitarbeit aus.

Woran wir noch arbeiten müssen

Working Cocker Spaniel aus Deutschland | kleinstadthunde.deWoran wir tatsächlich noch arbeiten (müssen), ist ihre Frustrationstoleranz und Impulskontrolle. Sobald sie mal warten muss, oder nicht das bekommt was sie gerade will, teilt sie das mit. Sie quengelt dann regelrecht. Und ihr Bellen kann durch Mark und Bein gehen. Allerdings, durch private Umstände (treue Leser wissen was ich meine) stockte ihre Ausbildung auch ab der 20. Woche. Das war nicht geplant und unfair – allen Hunden gegenüber. Aber so ist das Leben. Leider. Das holen wir jetzt nach und nach wieder auf. Ich bin sicher, das bekommen wir hin! Außerdem denke ich, dass das kein Alleinstellungsmerkmal von WCS ist. Viele Rassen, gerade die, die auf Arbeitsleistung selektiert werden, haben ein Thema mit den oben genannten Punkten.

Übrigens, Eve ist jetzt 9 Monate und sie liegt gerade jetzt kurz vor 13 Uhr, wo ich diesen Artikel schreibe, zu meinen Füßen und schläft. So, wie sie es den ganzen Vormittag getan hat – bis auf eine Pippi Pause im Garten. Ja, das war nicht immer so. Ist sie deswegen ein Teufel gewesen? Nein, nur ein junger Hund einer reizoffenen Rasse welcher erstmal lernen muss, dass Schlaf wichtig ist.

Jetzt mal Butte bei die Fische

Zusammenfassend kann ich also sagen, dass ich es nicht bereue mir einen so “krassen” Hund geholt zu haben. Ja, Eve ist anders als Inuki. Inuki war ein Welpe, der in sich geruht hat. Das ist Eve bei weitem nicht. Sie ist eher so ein Mix zwischen Mali und Border. Wir werden sicherlich keine Agi-Weltmeister (so wie die Besitzer von Eves Brüdern und Schwestern 😉 ) und auch keine Obi-Weltmeister. Was wir aber werden, ist ein tolles Team, welches Spaß an gemeinsamen, semi-professionellen Sport hat. Und wenn wir nicht gerade sporteln, dann findet man uns auf der Couch. Denn Eve liebt es, auf der Couch zu kuscheln. Im übrigen würde ich es für Tierquälerei halten, einen Working Cocker nicht auf die Couch und nicht ins Bett zu lassen 😀

Ich denke, der Working Cocker Spaniel ist nicht geeignet für Menschen, die einen reinen Familienhund möchten, der sie nur im Alltag begleitet und auch nicht für Ersthundehalter. Es sei denn, der Ersthundehalter hat schon einen genauen Fahrplan wohin es mit dem Spaniel gehen soll – idealerweise zur Jagd, Agility, Obedience, Dummy, Mantrailing … und jemanden an der Hand, der einen unterstützen kann und WCS Erfahrung besitzt.

Für alle anderen ist diese Rasse sicherlich eine Option. Aber, man kann es sich auch deutlich einfacher machen, vor allem im Alltag. Es gibt viele Rassen, die leichtführig, gerne mit dem Menschen arbeiten und gefallen wollen aber dafür weniger Reizoffen und wuselig sind als die WCS. Denn im ersten Lebensjahr können die schon anspruchsvoll sein und ein bisschen was vom Halter abverlangen. Selbstläufer sind diese Hunde definitiv nicht. Aber auch keine kleinen Teufel 😉

Habt ihr einen speziellen Hundetyp, dem ihr in Zukunft treu bleiben wollt? Wie seid ihr zu euerer Rasse gekommen und könnt ihr die “Warnungen” bzw. Vorurteile im Netz in Bezug auf eure Rasse nachvollziehen?

 

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Hi, ich bin Dani, Bloggerin und Autorin bei Kleinstadthunde. Ich liebe leckeres Essen, tolle Schokolade, spannende Serien und jegliche Art von Abenteuer. Du kannst mich auch auf Facebook und Instagram finden.

2 Kommentare

  • Isabella

    Liebe Dani,

    ich freue mich, dass Du mit Deiner Entscheidung und mit Eve glücklich bist – und so ein paar “Baustellen” die hat doch sicher jeder Hund 😉 Auch hier ist Frustrtionstoleranz – gerade bei Shadow – immer wieder ein Thema.
    Ich gestehe, ich bin bei jedem jungen Hund dafür, dass er auch Ruhe lernt – ganz unabhängig von der Rasse. Natürlich muss man ein ausgewogenes Verhältnis finden und vor einer längeren Ruhephase gab es auch bei uns nochmal eine Beschäftigung. Wichtig war mir da nur immer, dass es den hund nicht aufputscht 🙂

    Rasevorlieben gibt es hier keine – so gab bei uns auch schon immer Mischlinge … und auch die in sehr unterschiedlichen Varianten.

    Liebe Grüße,
    Isabella mit Cara und Shadow

  • Auenländerin

    Wie schön, dass du mit Eve glücklich bist.
    Ich hatte schon enige Hunde unterschiedlicher Rassen und Mischlinge, aber für mich war immer wichtig, dass sie lernen ruhig zu sein. Aber immer auch mit entsprechender Auslastung. Da war hier ganz unterschiedliches von den Hunden gewünscht.
    Ich muss sagen der Bolonka wird oft als total einfacher Hund beschrieben und das verleitet dazu zu denken, dass er sich selbst erzieht. Das stimmt so nicht. Gerade Leona hat uns trotz Hundeerfahrung immer wieder vor größere Herausforderungen gestellt.
    Rassevorlieben habe ich keine. Leona war überhaupt der erste und bisher auch einzige Hund, der aufgrund der Rasse angeschafft wurde. Alles andere waren immer Hunde, die einfach den Weg zu uns gefunden haben, weil wir diesen speziellen Hund in unserer Familie haben wollten.
    Liebe Grüße
    Auenländerin