Welpen richtig sozialisieren | kleinstadthunde.de
Hundeleben,  Welpen Basics

Sozialisierung um jeden Preis? Qualität statt Quantität! Wie sozialisiere ich meinen Welpen richtig?

Gerade herrscht in meiner Stadt der Welpenwahnsinn. Aller Orts sind sie anzutreffen. Junge, tapsige und äußerst süße Welpen. Von einer kleinen handvoll Jack Russell bis hin zum „großen“ kleinen tollpatschigen Labrador ist hier alles vertreten. Natürlich wird auch viel in den gleichnamigen Facebook Gruppen diskutiert. Neben der Fütterung ist fast kein anderes Thema in dieser Gruppe so wichtig wie die Sozialisierung.

So raten gewissen Personen immer wieder zur Sozialisierung in den Huntsteert (unser Freilaufgelände) zu fahren. Dies sei der beste Ort dafür! Warum? Ganz viele Hunde auf einen Haufen die spielen.

Und das ist meiner Meinung nach auch schon das Problem an der Sache. Dort sind wirklich viele Hunde die vermeintlich „spielen“. Oftmals wird allerdings nur gemobbt. Mehrere Hunde suchen sich dann ein armes Würstchen, welches über das Gelände gejagt wird. Das arme Würstchen hat keine andere Wahl als um sein Leben zu rennen, andernfalls würde er einfach überrannt werden oder schlimmeres.

Für die umstehenden Besitzer ist das allerdings ein „Fangspiel“. Dieses Szenario passiert regelmäßig im Spiel zwischen Groß- und Kleinhunden. Während anfangs noch schön gespielt wird, kippt das Spiel spätestens beim Rennspiel. Der Jäger steigert sich aus Frust so sehr in die vermeintliche Jagd rein das er das eigentliche Spiel vergisst und in den Jagdmodus fällt. Der Gejagte ist dann nur noch seine Beute, keine Mitspieler mehr. Ich finde es daher auch nicht verwunderliche das kleine Hunde gegenüber großen Hunden oftmals Angst haben. Schließlich haben sie in solchen Momenten wie oben geschildert den großen Hunden körperlich nichts entgegenzusetzen und wurden zusätzlich in ihrer Not von ihren Menschen allein gelassen. Sprüche wie „da muss er durch“ tun sein übriges. Und das ist auch einer der Gründe, warum so viele kleine Hunde anfangen zu kläffen, wenn sie größere Hunde sehen. Sie betreiben dann nämlich Prophylaxe.

Ein Abruf der jagende Hunde und eine kurze Spielpause würden die Atmosphäre wieder entspannen, aber viele Besitzer schaffen es gar nicht ihren Hund aus dem Spiel abzurufen, selbst wenn sie erkennen würden, dass das Spiel schon lange kein Spiel mehr ist.

Da muss er durch!

Selbst wenn klein Welpi sich zwischen Frauchens oder Herrchens Beine versteckt um sich das Elend aus sicherer Ferne anzusehen, so gibt es doch tatsächlich Besitzer die ihren Welpen dann einfach ins Geschehen schubsen oder von vielen fremden Hunden bedrängen lassen. Selbst Abschnapper seitens des Welpen werden ignoriert oder gar unterbunden. Warum? Da muss er durch! Bei solchen Sachen kann ich nur noch mit dem Kopf schütteln. Der Welpe lernt in solchen Situationen nur 3 Dinge:

1. Andere Hunde sind doof!

2. Auf Herrchen/Frauchen ist kein Verlass, die lassen mich mit meiner Angst nur allein. Ich kann denen nicht vertrauen das sie mir in Notsituationen helfen ich muss

3. alles selber regeln und notfalls meine Zähne einsetzen. Herzlichen Glückwunsch zum selbst herangezogenen Angstschnapper!

Bällchenweitwurf für einfallslose Hundebesitzer

Ein weiterer Gefahrenpunkt sind die Ballschleuderfanatiker. Diese Besitzer suchen mit ihren Hunden das Gelände niemals nie ohne Ballschleuder auf. Warum auch immer. Sie werfen dann die Bälle für alle, wirklich alle Hunde. 20 Hunde, welche sich zum Teil nicht kennen, rennen einem Tennisball hinterher. Es geht so lange gut wie es gut geht …. . Nicht jeder Hund teilt gerne seine Beute. Inuki würde liebend gerne mitrennen bei solchen Aktivitäten. Und alles was ihm in den Weg kommt wird entweder zur Seite gebombt oder kriegt ne kostenlose Ansage inkl. Schnapper oder ähnliches. Für ihn ist es ein reiner Wettbewerb um Beute. Kein Spiel sondern purer Ernst. Beute wird schließlich nicht geteilt. Wenn Inuki bei solch einem Spiel auf gleichgesinnte trifft wird es knallen, aber mächtig. Daher gehen wir immer wenn wir sehen das ein blöder Vogel die Ballschleuder auspackt. Vorsicht ist besser als Nachsicht. Auch erschließt sich mir nicht der Sinn einer Ballschleuder in einem bewaldetem Freilaufgebiet. Dafür gibt es andere Orte die besser geeignet sind, wo es weniger Hunde und mehr unbewaldete Fläche gibt. Was das mit Welpen zu tun hat? Nunja, die würde Inuki wohl blindlings umrennen.

Märchenstunde: Welpenschutz

Und als wenn all das noch nicht schlimm genug ist, verbreiten sie das Märchen vom Welpenschutz immer und immer wieder. Kommt dann tatsächlich mal ein zu Recht! besorgtes Frauchen in den Freilauf und schützt ihren Welpen wird sie erstmal darüber aufgeklärt das dieser Welpe doch Welpenschutz hat und ihm gaaaaaaaarnichts passieren kann. Ein Welpe also da durch muss, auch wenn er Angst hat. Erwachsene Hunde die freche Welpen mal gerne in ihre Schranken verweisen sind deswegen auch asozial. Zur Aufklärung: Welpenschutz gibt es nicht. Sicherlich genießen Wolfswelpen bei ihren Eltern eine gewisse Narrenfreiheit, aber wenn fremde Wölfe auf Welpen eines anderen Rudels treffen würden diese wohl getötet werden. Von Welpenschutz keine Spur. Man kann also sagen das eine gewisse Art von „Welpenschutz“ nur innerhalb eines Rudels bzw. eines Familienverbandes besteht. Da die sich in einem Freilauf treffenden Hunde seltenst  im selben Haushalt leben noch miteinander verwandt sind erübrigt sich der sogenannte Welpenschutz vom selbst.

Soazialisierung ja! Aber das wie ist entscheidend

Davon abgesehen – Sozialisierung bedeutet ja nicht nur Hundekontakt. Hinter der Sozialisierung steckt noch so viel mehr. Daher kann man auch nicht pauschal sagen wann der beste Zeitpunkt ist seinen Welpen abzuholen. Mit 8 Wochen? 10? Oder erst mit 12?

Die Sozialisierungsphase des Welpen beginnt in der 6 Woche und endet mit 16 Wochen. In dieser Phase lernen Welpen unglaublich schnell unglaublich viel. Das beinhaltet unter anderem der Umgang mit Artgenossen, Menschen und der Bildung von Verknüpfungen im Hirn. Er  verknüpft „Dinge“ mit guten und mit schlechten Erfahrungen und stellt Assoziationen her.

Artgenossen

Idealerweise sollte jede Erfahrung, die Welpen in diesem Alter sammeln, eine gute sein. Lieber wenig gute Erfahrungen als nur eine schlechte Erfahrung. Über Hundeverhalten lernen die Welpen am meiste und sinnvollsten von souveränen erwachsenen Hunden mit Welpenerfahrung. Ruhige Spaziergänge mit einem dieser Hund reichen in der Regel schon.

Natürlich sollten Welpen auch Kontakt zu anderen Welpen haben, insbesondere dann wenn sie bereits mit 8 Wochen umziehen mussten. In einer solchen Spielgruppe sollten die Welpen in etwa gleich groß und alt sein. Ein Hund mit 7 Monaten ist kein Welpe mehr. Diese Spielgruppen sollten auch nicht mehr als 4 bis 6 Welpen umfassen und im Idealfall ist ein souveräner Althund mit einem Gespür für Welpen mit dabei.

Orte

Welpen müssen viele Dinge und Orte kennenlernen damit sie später zu einem verlässlichen Partner im Alltag werden. Kurze(!) besuche in der Stadt (ich rede hier von 10 Min und nicht von einer Stunde), einen Kaffee im Café wo der Welpe unterm Tisch das Geschehen beobachten kann oder schläft, Auto, Zug und Bus fahren, einen Besuch auf dem Bauernhof oder dem Zoo und das Kennenlernen von viele verschiedenen Menschen (Rollstuhlfahrer, Rollatornutzer, große Menschen, Menschen die „komisch“ laufen … etc.).

Wohl dosiert

Dieses Programm soll natürlich nicht an einem Tag stattfinden. Während Inukis Welpentage habe ich auf einen Tag Sozialisierungsprogramm zwei Tage „Ruhe“ folgen lassen. Mit „Ruhe“ meine ich, kurze Spaziergänge dem Alter entsprechend und ansonsten gesunden Schlaf. Und Inuki hat viel geschlafen als Welpe. Die Eindrücke die er in der „Ruhezeit“ sammelte reichten immer noch aus um den Welpen „klinisch tod“ zu kriegen.

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Inuki hat früh gelernt, Ruhephasen zum Schlafen zu nutzen

Ich will nicht verschweigen dass es Welpen gibt die ihren persönlich 0 Punkt einfach überspielen. Dies sind Welpen die scheinbar überhaupt nicht „tot“  zu kriegen sind und permanent unterfordert und überdreht wirken. Solche Welpen brauchen nicht noch mehr „Auslastung“ sondern einfach nur Ruhe. Ihnen muss beigebracht werden wann und wo Action stattfindet und wann Ruhe halten angesagt ist. Viele trainieren dies mit einer Box oder einem Kennel.

Gerade Hütehundrassen müssen dieses Ruhe halten lernen und dürfen nicht schon in jungen Jahren mit Training etc. überfordert werden. Und nein, Hütehunde brauchen nicht mehr Auslastung als andere Hunde. Und schon gar nicht als Welpe.

Auch der Züchter ist wichtig

Und warum sagte ich weiter oben das es vom Züchter abhängt wann man seinen Welpen abholen sollte? Nunja, nicht etwa weil dieser das einfach so vorgibt, nein, sondern weil der Weltwelpenabholtag oftmals mitten in der Sozialisierungsphase liegt. Habt ihr einen schlechten „Züchter“, der die Welpen beispielsweise nur in der Scheune sich selbst überlassen hält, aber auf eine Abgabe mit 12 oder mehr Wochen besteht, kann es passieren das ihr einen Welpen habt der zwar mit anderen Hunden umgehen kann und viel von seiner Mutter diesbezüglich lernte aber alle anderen Dinge, wie z. B. Haushaltsgeräusche, fremde Menschen oder im schlimmsten Fall die Welt außerhalb der Scheune gruselig findet.

In diesem Fall würde ich dann auf einer Abgabe mit 8 oder 9 Wochen bestehen. Sollte der Züchter (falls man ihn dann noch so nennen kann) da nicht einwilligen, sucht euch einen anderen. Auch wenn es schwer fällt, für euer zukünftiges Leben ist es die bessere Entscheidung. Dann findet ihr hoffentlich einen Züchter, der um die sensible Phase der Sozialisierung weiß, die Welpen auch außerhalb der Wurfstätte die Welt erkunden lässt, vielleicht sogar einen „Welpenspielplatz“ angelegt hat, viele unterschiedliche Menschen zu Besuch einlädt und den Welpen das Leben in einem normalen Haushalt bereits näher bringt und ihnen die ersten Schritte der Stubenreinheit zeigt. Dort würde ich ohne Bedenken auch meine Welpen mit 12 Wochen abholen.

Hi, ich bin Dani, Bloggerin und Autorin bei Kleinstadthunde. Ich liebe leckeres Essen, tolle Schokolade, spannende Serien und jegliche Art von Abenteuer. Du kannst mich auch auf Facebook und Instagram finden.

6 Kommentare

  • Lotta

    Ich glaube, da hatte ich gleich doppelt Glück. Sowohl bei meinen Züchtern wurde viel Wert auf sinnvolle und altersgemäße Sozialisierung gelegt, als auch später in der Hundeschule in der Welpengruppe. In beiden Fällen habe ich nur positive Erfahrungen gemacht, wofür Frau Zweibein und ich bis heute dankbar sind!
    Liebe Grüße
    Lotta

    • Dani

      Hi Lotta,
      das freut mich für euch! Leider ist selbst eine gute Welpenstunde nicht immer Selbstverständlich!
      Liebste Grüße
      Dani mit Inuki und Skadi

  • Socke-nHalterin

    Ich habe eine Vortrag über das Speilverhalten gehört und war erstaunt, wie schnelle so ein Spiel umschlagen kann. Es sind so kleine Sachen, die wir Menschen gar nicht erkennen.
    Ich hatte keinen Welpen und wüsste nicht, wie ich es angehen würde. Eine Hunde schule hier bietet Hundeschule mit maximal 4 Welpen pro Gruppe und die Halter sagen, was ihr Hund können sollte. Sitz und Platz wird nicht geübt. In so einer Gruppe könnte es auch etwas mit der Sozialisierung werden…

    Viele liebe Grüße
    Sabine mit Socke

    • Dani

      Hallo Sabine,
      du hast Recht, es sind die kleinen Dinge, die wir Menschen gar nicht mehr wahrnehmen aber für die Hundewelt solch eine große Bedeutung.

      Wie sagt man? Man wächst an seinen Aufgaben und ich hoffe du bekommst auch irgendwann einmal einen Welpen – ich bin mir sicher ihr werdet intuitiv alles richtig machen 🙂

      LIebste Grüße
      Dani mit Inuki und Skadi

  • Hanne

    Ja, ganz genau. Mir wird immer übel, wenn ich diesen Spruch mit dem “Welpenschutz” höre. Ich habe unseren künftigen Welpen zwischenzeitlich auch schon vor Nero abgeschirmt, als er sich zwischen meine Knie geflüchtet hat. Nein, da musste er nicht durch. Allerdings musste der “Alte” da durch – dass er eben justamente nicht seinen Willen bekam 😉 Im Grunde ist Nero aber recht souverän im Umgang mit Welpen – inklusive Zurechtweisung, wenn das Welpentier mal auf der Napoleon-Schiene unterwegs ist.
    Sozialisierung heißt für mich nichts anderes, als dem Hund alles zu erklären / zu zeigen, was er für ein Leben mit uns wissen muss. Und das ganz gemächlich, eins nach dem anderen.

    Sonnige Grüße
    Hanne (samt Nero)