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Training,  Mythen in der Hundewelt,  Meinungsaustausch

Unerwünschtes Verhalten sollte niemals “gedeckelt” werden! Mit positiver Verstärkung zum Trainingserfolg und warum "deckeln" keine Lösung ist

Auf Facebook habe ich es entdeckt. Wie so vieles andere auch was im Netz rum kursiert. Ein junger Mali suchte schnellstens ein Zuhause, sollte er diese nicht bis dann und dann finden – ja so würde er eingeschläfert werden. In der Anzeige selbst stand nicht viel mehr, außer dass er Aggressiv sei. Unberechenbar. Ein Mali, der in den falschen Händen groß wurde.

Dieser Mali hatte „Glück“. Ein Trainer hat sich seiner angenommen. Ein Trainer, der ganz klar „Problemverhalten“ eines Hundes deckelt. So wird zwar das Problem des Menschen gelöst, aber nicht dass des Hundes. Leider sagt dieser Mensch auf seiner Facebook Seite das man bei solchen Hunden nicht mit Heititei, Händeklatschen und Singen weiterkommt.

Natürlich ist dies eine Anspielung auf das Training und die Arbeit  von Trainern aus meiner Sparte. Trainern, die versuchen in erster Linie das Problem des Hundes und nicht des Menschen zu lösen. Und seine Aussagen disqualifizieren ihn selbst – so hat er sich nie mit positiver Verstärkung beschäftigt.

Der besagte Trainer stellte ein Video online. Seine erste Begegnung mit dem Hund. Meiner Meinung nach ist dieser Hund alles, aber nicht unberechenbar. Sein ganzer Körper ist stocksteif, schreit danach in Ruhe zu gelassen zu werden. Deeskalations- bzw. Beschwichtigungssignale ohne Ende. Die werden ignoriert, aber es wird gedeckelt, keine Rücksicht genommen, der Hund wird gezwungen Körperkontakt auszuhalten. Das müsse so sein. Insbesondere beim ersten Kennenlernen muss der Mali wissen wer Chef ist. Das schaffe Vertrauen.

Tut es das tatsächlich? Nun. Meine kleine Skadi ist ja auch ein reaktiver Hund. Sie fand alles was einen Puls hat aus Prinzip doof. Und alles was fährt. Autos, Jogger, Radfahrer, Menschen, Hunde -> alles doof. Es wurde Rigoros alles verbellt was unseren Weg kreuzte. Da wir in der Zeit, wo es am schlimmsten gewesen ist, noch in der Stadt gewohnt haben, haben die massiven und geballten Eindrücke auf einem Haufen zu ihrem Stress enorm beigetragen. Zwischenzeitlich dachte ich, ich habe ein Sonargerät an der Leine. Sie pendelte aufgeregt von links nach rechts, verbellte hier verbellte dort. Sie war überfordert. Überfordert mit der Situation und ihrer eigenen Angst. Und das hat sich kanalisiert. So stellte sich schnell heraus, dass sie ein stressanfälliger, angstaggressiver Hund ist.

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Sicherlich hätte ich das Verhalten deckeln können. Und ja, dank der Lerntheorie hätte das auch früher oder später geklappt. Aber um welchen Preis? Sie lernt dann nur, dass das unerwünschtes Verhalten ist welches ich nicht toleriere. Ihre Ängste und der Stress sind nicht weg. Mein Problem ist gelöst, ihres nicht. Das hätte zufolge dass sich immer mehr Stress aufbaut und irgendwann explodiert dieser Hund „aus heiterem Himmel“. Der Hund wird unberechenbar und lernt, dass Frauchen sich nicht kümmert, sie fühlt sich allein gelassen und erkennt, dass sie ihre Probleme selbst lösen muss – oder sie gerät in die erlernte Hilflosigkeit.

Beides sind Szenarien die ich so nicht möchte. Ich habe Skadis Ängste ernst genommen. Situationen, die zuviel Stress auslösten, habe ich vorerst gemieden. Ich habe versucht für sie ein stressfreies Lernumfeld zu schaffen, erstmal Ruhe in die Spaziergänge selbst zu bekommen. Und dann sind wir angefangen mit dem Zeigen und Benennen.

Ohne Clicker, nur mit Markerwort. Denn der Clicker selbst löste bei ihr schon Stress aus. Wir fingen an, all die Dinge auf denen sie reagierte, zu benennen. Jogger, Fahrradfahrer, Skateboarder, Menschen in allen Variationen, Roller, Autos. Es war schwierig, besonders da meine Haustür genau in eine Seitenstraße einer sehr belebten Geschäftsstraße führte. Glücklicherweise lies sie sich mit dem Markerwort immer relativ schnell aus einer reaktiven Phase rausholen  und war wieder ansprechbar. Und mit meinem Umzug weiter außerhalb der Stadt wurde alles noch viel besser.

Ich konnte viel effizienter trainieren. Das Management war nicht mehr eine tägliche Herausforderung. Wenn ich merkte, jetzt wird’s ihr zuviel konnte ich das Training super schnell abbrechen indem ich einfach auf die Straße wechselte und so mehr Distanz zwischen ihr und ihrem Trigger schaffte ohne das uns gleich der nächste Trigger entgegen kam. Infolge dessen konnte ich immer sehr gut knapp unterhalb der Reizschwelle trainieren.

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Trainiert wird nach wie vor mittels Zeigen und Benennen. Den Clicker nutzen wir hierbei immer noch nicht. Inzwischen ist Skadi ganz cool wenn wir auf Roller, Autos und Radfahrer treffen. Skateboarder gehen schon in einem gewissem Abstand. Selbst bei LKWs bleibt sie immer cooler. Zwar erstarrt sie für einige Sekunden wenn diese sehr(!) nah an sie vorbei düsen, aber das ist in Ordnung. Sie verfällt weder ins verbellen noch ist sie nicht mehr ansprechbar. Kommen uns Passanten – egal in welchen Variationen vorbei -, so lasse ich sie brav neben mir absitzen und wir warten bis der oder  diejenige an uns vorbei ist. Sicherlich könnten wir auch einfach dran vorbei laufen, aber so finde ich es einfach höflicher der Gesellschaft gegenüber.

Und ich gehe kein unnötiges Risiko in Bezug auf einen Rückfall ein. Hundebegegnungen an der Leine sind inzwischen auch kein Graus mehr. Inuki sitzt brav ab solange  Skadi sich nicht aufregt. Und die regt sich nicht mehr auf weil sie gelernt hat Hunde anzuzeigen und dafür ein Leckerchen zu bekommen.

Natürlich sind Inuki und Skadi Hunde und keine Roboter – so kann ich sagen das im Durchschnitt von 10 passierten Hunden einer angebellt wird. Insbesondere dann wenn Skadi für andere Situationen schon eine Menge Impulskontrolle aufgebraucht hat. Aber die beiden lassen sich aus der Situation recht schnell raus holen. Was tatsächlich noch ein Problem ist, sind fremde Hunde am Fahrrad und das Treppenhaus.

Wenn wir dort Nachbarn oder ähnliches treffen, gibt es von Skadis Seite aus Ramba Zamba. Hier schießt Skadis Stresslevel so sehr in die Höhe, dass sie anfängt zu schuppen und zu haaren. Schüttelt sie sich dann nach solch einer Begegnung lässt sie es wortwörtlich schneien – und für den Rest des Spaziergangs ist sie völlig durch dem Wind (der Körper eines Hundes baut Stress sehr sehr langsam ab). Dies sind Situationen an denen wir noch üben müssen, aber da wir nur alle paar Monate im Treppenhaus jemanden treffen gestaltet sich das sehr schwierig. Solche Situationen kann ich dann nur als Shit Happens abstempeln und das nächste man genauer aufpassen ob jemand gerade ins Haus kommt oder nicht.

Aber Zusammenfassend haben wir schon eine Menge geschafft. Skadi wird nie der Hund sein (müssen) der entspannt in der Eisdiele unterm Tisch schläft. Aber wir können uns mit ihr in unserer Gesellschaft mittlerweile überwiegend ganz normal bewegen – und bei uns ist der Weg ist das Ziel. Sie vertraut in mir und meinem Handeln und hat keine Angst vor mir. Wer sagt, er deckelt das Verhalten seiner Hunde weil er keine Zeit für ein effektives Training dieser Art hat oder meint, anders ginge es nicht – tja, da kann ich nur mit dem Kopf schütteln und das Beste für den Hund hoffen.

Hi, ich bin Dani, Bloggerin und Autorin bei Kleinstadthunde. Ich liebe leckeres Essen, tolle Schokolade, spannende Serien und jegliche Art von Abenteuer. Du kannst mich auch auf Facebook und Instagram finden.